Werkstattbericht: Der Preis der Freiheit
Mysterien der Goldenen Kaiserzeit, der Mysterienband aus dem Crowdfunding zur Ära es Goldenen Kaisers, beinhaltet das Epochenabenteuer Der Preis der Freiheit, in dem es zu Beginn der Hal-Zeit anderthalbmal quer über den Kontinent Aventurien und noch dazu tief in die politischen Wirrungen der Epoche geht.
Im folgenden Werkstattbericht geben euch die DSA-Autorinnen Nora Hoppe und Nina Wendelken einen Einblick in die Entstehung des Abenteuers.
Lose Enden verknüpfen
Nina:
Als ich gefragt wurde, ob ich bei der Ära des Goldenen Kaisers mitschreiben wolle, war die Antwort für mich sofort klar, obwohl ich erst deutlich nach dem Ende der Halzeit und sogar erst nach der Borbarad-Ära überhaupt ins Rollenspiel eingestiegen bin. Vielleicht war aber auch gerade das einer der Gründe, weshalb ich mich gleich für das Projekt begeistern konnte. Wie oft bin ich schon über Inkonsistenzen und Ungereimtheiten gestolpert, weil Setzungen geändert wurden, späteren Autor:innen nicht mehr bewusst waren oder Charaktere plötzlich mit Hintergrund für ein Abenteuer ausgestattet werden mussten, die vorher lediglich bessere Statisten waren. Die Spielhilfe war also abseits vom Nostalgiefaktor auch eine Gelegenheit, lose Enden zu verknüpfen und Ungereimtheiten aufzuklären. Zudem waren unsere Ideen als Autor:innen gefragt, für die es noch viel kreativen Freiraum gab, während ich vorher auch oft bei Projekten eingesprungen bin, wenn diese schon Fahrt aufgenommen hatten.
Wir wurden aufgefordert, Ideen für Kurzgeschichten, Szenarios, Abenteuerskizzen und das sogenannte Epochenabenteuer einzureichen, welches im Grunde und vom Umfang her dem Regionalabenteuer entspricht, das eine Regionalspielhilfe begleitet.
Aranien und Albernia – wo mochte da der Unterschied gelegen haben?
– Nina
Ich hatte als Albernia-Fan mein Auge natürlich schon auf das westliche Fürstentum geworfen, das eine der Spotlight-Regionen in der Spielhilfe Ära des Goldenen Kaisers werden sollte. Hier konzentrierten sich also auch meine Ideen, für die ich Pitches bei der Redaktion eingereicht habe. Eigentlich hatte ich erstmal gar nicht vor, einen Pitch für das Epochenabenteuer einzureichen, sondern hatte eher zwei Kurzgeschichten im Sinn: eine aus der Perspektive von Isora von Elenvina, eine aus der von Idra ni Bennain. Warum hatte Cuanu die jüngere Schwester geheiratet, obwohl eigentlich ein Traviabund mit der Älteren geplant war? Wieso durfte Isora trotzdem noch am Fürstenhof rumlungern und ihre Intrigen spinnen? Wie hatte das Verhältnis der Schwestern zuvor ausgesehen? Bei meinen ersten Recherchen ergaben sich gleich weitere Fragen: Wieso kommt es nach der Schlacht bei Altenfaehr (wahlweise 992, 987 oder 984 BF), in der die Albernier versuchen, ihre Freiheit vom Reich zu erkämpfen, innerhalb so kurzer Zeit zur Verlobung zwischen Prinz Brin und Prinzessin Emer? Wieso konnte sich Aranien unter Fürstin Sybia vom Reich lossagen, während die Albernier sich im Gegenteil plötzlich noch enger ans Kaiserreich binden lassen? Spätestens jetzt war der Punkt erreicht, an dem sich ein ganz neues Spielfeld eröffnete und zwei Kurzgeschichten schon lange nicht mehr ausreichen würden. Aranien und Albernia – wo mochte da der Unterschied gelegen haben? Ganz klar: Da müssen Helden ihre Finger im Spiel gehabt haben!
Dabei hatte ich eigentlich schon die perfekte Person im Sinn.
– Nina
Der Pitch für das Abenteuer war dann schneller geschrieben und abgeschickt, als ich darüber nachdenken konnte, dass ich eigentlich gar nicht genug Zeit für ein ganzes Abenteuer eingeplant hatte. Dieser Gedanke kam mir erst mit Nikos begeisterter Zusage, dass mein Pitch zum Epochenabenteuer ausgearbeitet werden sollte. Also fragte ich ihn, ob ich noch jemanden ins Boot holen könnte, und er machte auch sofort ein paar Vorschläge aus dem Team der beteiligten Autor:innen. Dabei hatte ich eigentlich schon die perfekte Person im Sinn: Während der Covid-Pandemie hatte ich gemeinsam mit meiner Spielleiterinnen-Komplizin Nora eine lange Kampagne für unsere Online-Pen & Paper-Runde erdacht und gemeistert, die unsere albernische Heldengruppe nach Aranien führte. Die wöchentliche Spielrunde war ein echter Lichtblick während des Lockdowns und unsere regelmäßigen konspirativen Telefonate, um zu plotten, immer sehr kreativ und fruchtbar.
Zum Glück stellte sich schnell heraus, dass es kein Entweder-Oder sein musste. David Schmidt, der ebenfalls hervorragend ins Team passte, konnte ohnehin aus zeitlichen Gründen nur einen kleineren Part übernehmen, und Nora hatte Zeit, Lust und wenig später auch einen Autorenvertrag, um sich mit mir direkt an die Outline des Abenteuers zu setzen.
Turmhohe Bücherstapel
Nora:
Ich hatte Ninas Pitch schon vor Abgabe gegengelesen und war begeistert. Wie aus der Pandemie-Zeit gewohnt, entsprang meinen Gedanken schon die eine oder andere Idee für die Ausgestaltung einzelner Elemente.
Zudem liebe ich die Hal-Zeit, hat dort mein bisher am längsten bespielter Charakter vor gut fünfundzwanzig Jahren mit „Mehr als 1.000 Oger“ und „Das große Donnersturm-Rennen“ doch ihre Heldenkarriere begonnen, die später in der Schlacht an der Trollpforte überaus heldenhaft mit ihrem Einzug an Rondras Tafel endete.
Nina und ich gingen motiviert ans Werk, mussten jedoch schnell feststellen, dass noch mehr Recherche nötig war. Denn je tiefer wir in die Handlung einstiegen, desto mehr Fragen gesellten sich zu denen, die Nina zuvor schon mit ihrer Idee und im Rahmen des Pitches aufgetan hatte. Und welche Quelle nimmt man nun als die richtige an, wenn sich Daten widersprechen? Wie passen die Quellen überhaupt zusammen? Mein Bücherstapel sah an manchen Tagen aus, als hätte ich mich doch noch einmal für ein weiteres Studium entschieden.
Ohne ihr Hintergrundwissen, ihre Ideen, Einschübe und ihr freudiges Feedback wären wir an mancher Stelle ratlos gewesen
– Nora
Wir versanken in der Recherche; was für ein tolles Gefühl, mit so viel DSA-Geschichte ein Produkt aus dieser Zeit zu gestalten und den Spielerinnen und Spielern unseres Abenteuers die Möglichkeit zu geben, selbst Teil der Geschichte zu werden.
Der Punkt, an dem die Outline wirklich rund wurde, kam allerdings erst, als ich ein Wochenende zu Nina fuhr und wir uns konzentriert gemeinsam an die Arbeit machten. So manche Idee wurde dann nicht an Telefon und Rechner, sondern beim Hundespaziergang mit Labrador Alrik oder beim Wäschelegen geboren.
Als der Entwurf der Outline stand, musste er vor David und Niko seine erste Bewährungsprobe bestehen – ohne ihr Hintergrundwissen, ihre Ideen, Einschübe und ihr freudiges Feedback wären wir an mancher Stelle ratlos gewesen. Für David schien alles rund und schlüssig und das zeigte uns auch das Feedback Nikos. Die Outline wurde zu unserer großen Freude nach kleineren Anpassungen angenommen.
Ein halbes Architekturstudium
Beide:
Nun allerdings folgte zunächst einmal die Beschreibung der Illustrationen, insbesondere der Karten. Schnell wurde deutlich, dass für die beschreibungsgetreue Umsetzung des Spiegelpalastes in Zorgan mindestens ein halbes Architekturstudium nötig war. Zum Glück haben wir einen Profi im Freundeskreis, der uns unterstützt hat, und auch unser Autorenkollege Kaweh hatte einige wertvolle Tipps und Ideen, die uns hier sehr weitergeholfen haben. Auch der Fürstenpalast erwies sich nicht als ganz einfach. Zwar ist die Beschreibung in der Stadtspielhilfe Havena – Versunkene Geheimnisse leichter nachzuvollziehen, jedoch brauchten wir eine Weile, um festzustellen, dass die Karte aus der ganz alten Havenaspielhilfe von 1985, die wir gerne hätten einfließen lassen, so gar nicht mehr zur aktuellen Beschreibung passte, zumindest nicht die Maße. Insgesamt hat das Erstellen der Skizze eine ganze Menge Zeit gekostet, was uns doch einigermaßen überrascht hat.
Das Resultat war manch sehr kurze Nacht, um das Manuskript des Abenteuers rechtzeitig abzugeben. Die Hauptarbeit, was den Plot betraf, hatten wir natürlich mit der Ausarbeitung der Outline schon geleistet, aber die Kartenskizzen zeigten plötzlich noch ein paar Stellen auf, an denen die Sache noch nicht ganz rund war. Vor allem aber führte uns die Diskussion über die Herausforderungen für die Helden beinahe unweigerlich an den Punkt, an dem wir beschlossen, dass sich Spielbarkeit und Plotdynamik am besten mit einer Heldengruppe testen ließen, während das Abenteuer noch in seiner Entstehungsphase war. Für unseren Zeitplan und vor allem unser Schlafdefizit, immerhin gab es da ja noch jeweils den Brotjob und die Familie, verhieß diese Idee jedoch nichts Gutes.
Die Testspielrunde hat uns enorm weitergebracht.
– beide
Dass wir die Runde, zu der wir auch Niko eingeladen hatten, zu zweit leiten konnten, war natürlich schon fast Luxus, insbesondere da Nora für den Aranienteil federführend war und Nina für den in Albernia, wir uns hier also auch die Vorbereitung gut teilen konnten. Allerdings war diejenige von uns, die gerade nicht die Haupt-Spielleitung übernahm, mit dem Schreiben von Notizen für die Überarbeitung des Manuskripts auch gut ausgelastet. Mehr als zehn Seiten waren es insgesamt am Ende und das Feedback unserer Spieler:innen war wirklich Gold wert. Die Testspielrunde hat uns enorm weitergebracht, aber sie hat uns auch im Anschluss, wie erwartet, nochmal mehr Arbeit beschert, da sich aus jeder Änderung ein wahrer Rattenschwanz an weiteren kleinen, aber teilweise auch größeren Anpassungen ergab.
Also hieß es, sich noch einmal konzentriert an die Arbeit zu machen, um das Abenteuer zum Abschluss zu bringen. Zum Glück hatte Niko den Schreibtisch mit den anderen Texten für den Mysterienband schon so voll, dass wir noch etwas mehr Zeit hatten, um unserem Abenteuer um Aufträge der KGIA, aranische Freiheiten und albernisches Ränkespiel den letzten Schliff zu geben und es zu unserer Zufriedenheit fertigzustellen.
Wir wünschen euch beim Meistern oder Spielen von Der Preis der Freiheit viel Spaß, spannende Begegnungen mit bekannten Meisterpersonen aus der Epoche, erleuchtende Aha-Momente und vielleicht auch die eine oder andere unerwartete Überraschung!
– Nora Hoppe und Nina Wendelken