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Ein Werkstattbericht – Die Alhanier-Romane

28. September 2022

»Was bleibt deinem Volk denn? Entweder wird es sofort unter den Sandalen der Bosparaner zerquetscht oder siecht noch ein paar Generationen vor sich hin, bevor es vom Nebel des Vergessens verschluckt wird. Nichts davon ist erstrebenswert. Bleib hier.«

Prinz Yasmail, Sohn des erhabenen Diamantenen Sultans von Khunchom, zu einer jungen, unbedeutenden alhanischen Zauberpriesterin

 

Ein untergegangenes Volk

Über die Alhanier ist im heutigen Aventurien nicht mehr viel bekannt. Mir als Spielerin begegneten sie lange Zeit nur in kurzen Spielhilfe-Texten. Sie waren für mich eine Fußnote der aventurischen Geschichte – bis ich mich dazu entschied, meine Idee für ein Escape-Room-Abenteuer mit dieser längst untergegangenen Kultur zu verknüpfen. Daraus entstand das Das Schwarze Auge 5-Gruppenabenteuer

Gefangen in der Gruft der Königin , in dem ihr eure Helden durch die verheerten tobrischen Lande scheuchen könnt, um tief in die Vergangenheit dieser Region einzutauchen. Denn einst gab es hier ein blühendes Reich, eine strahlende Hochkultur, und Städte voller Magie. Genau jene Königin, deren Grabmal dein Held erkunden kann, soll diesem Land zur einer jahrhundertelangen Blüte verholfen haben. So erzählen es jedenfalls die Legenden der Norbarden, jenes Volkes, das von den Alhaniern abstammt.

Die Heldenkönigin

Viel mehr war nicht gesetzt über die Frau, die als Hashandru III. in die Geschichte eingehen sollte. Im Abenteuer konnte ich an einigen Stellen etwas Licht auf ihr Leben werfen, vor allem in der Inschrift auf ihrem Sarkophag. Dennoch blieb die Frage: Wer war die „Heldenkönigin“? Wieso erinnern sich die Norbarden noch nach fast 2000 Jahren an ihre Heldentaten? Die Setzungen dazu waren dünn und teilweise sogar widersprüchlich. Chefredakteur Nikolai Hoch fand, dass man diesen Umstand ändern sollte, und dass ich als Autorin der „Gruft“ den Versuch unternehmen sollte, Hashandru wieder zum Leben zu erwecken. So begann das Projekt, dessen Ergebnis du jetzt in einer zweibändigen Roman-Reihe nachlesen kannst.

Nebenfiguren

Eine Geschichte lebt von den Figuren, die sie vorantreiben. Neben Hashandru mussten also weitere Charaktere mit Ecken und Kanten her. Ihr Gemahl Thayan, dem ihr in der „Gruft“ als ewig tapfere Wächtermumie begegnen könnt, war als Charakter natürlich gesetzt. Schnell entschied ich mich dafür, ihn zur zweiten Hauptfigur aufzuwerten, um auch eine männliche Perspektive auf die Geschehnisse zeigen zu können.

Dann folgten Nebenfiguren. Einige von ihnen waren von Anfang an geplant, wie Hashandrus scharfzüngige Rivalin Bitescha oder Thayans bester Freund Mikail. Andere entstanden erst im Verlauf des Schreibprozesses, um wichtige neue Impulse für die Hauptfiguren zu setzen. Ein Beispiel dafür ist der Dieb Ormil, der eigentlich nur als kurze Begegnung in Thayans Leben geplant war, dann aber ein Eigenleben entwickelte und sich durch seine erfrischend saloppe Art einen dauerhaften Platz an Thayans Seite erkämpfte.

Bei allen Nebenfiguren war für mich klar, dass sie nur dann auftreten sollten, wenn sie einen Einfluss auf die beiden Hauptcharaktere haben. Deshalb sieht man in den Romanen auch nur das, was sie im Beisein von Hashandru oder Thayan tun – obwohl natürlich auch die Nebenfiguren ihrem eigenen Leben nachgehen und dabei gelegentlich Intrigen spinnen, von denen die Hauptcharaktere nichts ahnen. Ebenso war auch klar, dass außer den Hauptfiguren niemand sicher ist. Die Romane spielen während einer Zeit von Unruhe und Bürgerkrieg, da wäre es nicht realistisch, dass alle Figuren überleben. Es sterben sogar einige Figuren, die mir persönlich am Herzen liegen, teilweise sogar auf sehr bittere Art. „Das erste Blut“ bleibt nicht das letzte.

Herausforderungen beim Schreiben

Die Darstellung der kulturellen und philosophischen Eigenarten der Alhanier war eine der größten Herausforderungen beim Schreiben. Es war bereits gesetzt, dass sie matriarchalisch organisiert waren und nur Frauen die Ausübung von Magie und politischer Macht zugestanden. Diese Setzung fand ich spannend und reizvoll. Gleichzeitig wollte ich kein klischeehaftes Spiegelbild eines Patriarchats, in dem alle Frauen ihre Männer unterdrücken und kleinreden. Deshalb achtete ich in jeder Szene darauf, die von den Alhaniern als natürlich empfundene Überlegenheit der Frauen darzustellen, ohne dabei die Männer in ihren Fähigkeiten herabzuwürdigen. Besonders spannend wurde diese Herausforderung in Band 2 – dort übernimmt Hashandrus Gemahl Thayan die Rolle des Protagonisten, dem der Erzähler folgt.

Eine andere Eigenart der Alhanier ist ihr großer Gemeinschaftssinn, der in ihrem Glauben an die bienengestaltige Göttin Mokoscha begründet ist. Ihre Lebensphilosophie unterscheidet sich damit stark von dem, was moderne Leser gewohnt sind: nicht die freie Selbstentfaltung des Individuums ist das Ziel, sondern ein Leben im Dienste für etwas, das größer ist als man selbst. Gleichzeitig würde ein Alhanier aber nicht behaupten, das Leben eines Einzelnen sei wertlos oder könnte zum Wohle aller bedenkenlos geopfert werden (so wie es z.B. shinxirgläubige Bosparaner befürworten würden). Deshalb musste ich auch in Bezug auf den Gemeinschaftssinn der Alhanier einen Mittelweg finden.

Wohin führt das alles?

Herausgekommen ist, so hoffe ich, das Bild einer Gesellschaft, die weder per se gut oder böse ist. Sie hat Ideale, an denen die verschiedenen Charaktere oft genug scheitern, und sie formt die Menschen, die in ihr leben. Hashandru wird nicht als Heldin geboren, sondern reift zur Anführerin, weil sie erkennt, dass ihr Volk sie in dieser Rolle braucht. Ihr Weg zur „Heldenkönigin“ ist ebenso steinig wie der ihres Mannes Thayan, der zum Träger der Königsklinge Anscharon (Alaani: Klinge des weisen Herrschers) werden soll. Wer die Geschichtskapitel früherer Spielhilfen gelesen, die „Gruft“ gespielt oder auch nur den Epilog von Band 1 gelesen hat, weiß, dass den beiden ihre Heldenreise letztlich glückt – sie werden zu legendären Figuren im kollektiven Gedächtnis ihres Volkes. Das Ziel der Romane war von Anfang an klar. Spannend blieb nur die Frage, wie Hashandru und Thayan ihr Ziel erreichen. Wie wird man zum Helden?

Meine Antwort auf diese Frage könnt ihr in „Das erste Blut“ und „Die letzten Tränen“ nachlesen. Ich hoffe, ihr fühlt euch dabei gut unterhalten!

 

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Eure Jeanette Marsteller

 

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