Die Halle des Widders – Werkstattbericht
Im Windhag lebt es sich zumeist genügsam und einfach. Wer Zerstreuung sucht, findet sie bei einem frisch gezapften Gagelbier und in den Liedern traditionsreicher Zauberbarden. Doch als die Helden hierfür im Örtchen Widdernhall einkehren, ereilt sie stattdessen ein Hilfegesuch: Ein gehörnter Schrecken aus alten Legenden ist wieder aufgetaucht. Autor Max Wetterauer berichtet von seiner Arbeit am ersten Abenteuer der Anthologie Gehörnte Gefahren für Das Schwarze Auge 5.
Guter Ork, böser Ork
Kaum etwas lässt mich so schnell in eine wohlige Das Schwarze Auge-Nostalgie verfallen wie der Gedanke an einen laut grunzenden Schwarzpelz. Ich bin mit dem Jahr des Greifen und der Das Orkland-Box groß geworden. Und ich habe mich riesig gefreut, als mit der Donnerwacht-Kampagne viele dieser nostalgischen Momente aufgegriffen wurde. Schon immer war ich überzeugt, dass in unseren haarigen, aventurischen Schwarzpelzen so viel mehr Potenzial steckt als in ihren Artgenossen anderer Spielwelten.
Im Mittelpunkt von Die Halle des Widders steht daher ein Ork: der Tairachschamane Marduk. Nicht als Ausgeburt des Bösen, nicht als Kanonenfutter, sondern als Figur mit eigenen Bedürfnissen und Ängsten – ein Spagat, denn Orks sind keine haarigen Menschen, sondern unterscheiden sich in ihrer Weltansicht fundamental. An keinem Textbaustein habe ich so lange gearbeitet wie an Marduks Beschreibung. Einerseits sollte Marduk mit seiner fluchenden, theatralischen Ader liebenswert sein, andererseits soll seine Andersartigkeit auch unheimlich und bedrohlich bleiben.
Mir war auch sofort klar, dass ich immer damit rechnen muss, dass Marduk von übereifrigen Helden einfach umgeknüppelt wird. Ein unnahbarer Ork in dunkler Kutte, der gerade einen prallgefüllten Schankraum in Panik versetzt hat – wer würde es den Helden verdenken, wenn sie blankziehen? Marduk ist ständiger Lebensgefahr ausgesetzt, und jede Spielrunde wird wahrscheinlich anders auf ihn reagieren. Ich bin zumindest sehr gespannt darauf, wie deine Spielrunde mit dem theatralischen Ork umgeht.
Zwischen den Trennstrichen wird es SPOILERIG bezüglich der gehörnten Gefahr des Abenteuers:
Zumindest der Dämon bleibt in diesem Heldenwerk böse. Schon für meinen ersten Pitch blätterte ich lange im Aventurischen Pandämonium. Die gehörnten Absurditäten sind so wunderschön, seltsam und unberechenbar, und gleichzeitig fügen sie sich nahtlos in Aventurien ein. Sie erweitern mit all ihren Fähigkeiten die natürliche Spielwelt und brechen Regeln. Khelevathan ist dafür ein Paradebeispiel: ein triebgesteuerter, dämonischer Mannwidder mit Herrschaftssucht und klugen Racheplänen. Er erzeugt in seinem engen Zeitfenster den größtmöglichen Schaden und lebt trotzdem ganz nach seiner Art. Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Albtraum!
Hört ihr die Signale?
Für das Schreiben des Heldenwerks hatte ich mir außerdem vorgenommen, eine Lektion aus dem lesenswerten Sammelband How to Write Adventure Modules That Don’t Suck umzusetzen: Sprich die Sinne deiner Spieler ständig an. Für den knappen Umfang eines Anthologieabenteuers habe ich mich vor allem auf einen Sinn gestürzt, das Hören. Es ist kaum zu überlesen, welche Rolle Musik in der Geschichte spielt, etwa mit den Liedern von Larric und Wunnemar. Klänge und Geräusche tauchen aber auch nebensächlich immer wieder auf, wie bei den orkischen Kriegstrommeln und den krachenden Widderköpfen.
Und ja, selbst das Rufhorn Widders Hall hat seinen eigenen Sound, den du auch ganz leicht an den Spieltisch bringen kannst. Der Schofar ist ein ritueller Gegenstand im Judentum und wird noch heute aus Widderhörnern hergestellt und genutzt.
Du wirst zahlreiche Klangbeispiele online finden. Das Abenteuer sollte damit seinen eigenen Sound bekommen, der die Region auch verkörpert und den du hoffentlich auch am Spieltisch oder beim Lesen hören kannst.
Die Anthologie Gehörnte Gefahren mit dem Abenteuer Die Halle des Widders ist jetzt im Collector’s Club und F-Shop vorbestellbar:
Viel Spaß im Windhag! Euer Max Wetterauer