ALIEN: Das Rollenspiel — Colonial Marines Einsatzhandbuch
Willkommen im Krieg am äußersten Rand des bekannten Raums, Marine. Das Leben hier ist die Hölle, aber nichts davon ist so schlimm wie das Aufblitzen metallischer Reißzähne. Mirko erklärt dir, warum das Colonial Marines Einsatzhandbuch unentbehrlich für eine Reise ins Weltall ist.
Salven panzerbrechender Munition aus deinem M41A Impulsgewehr zerreißen Fleisch und Knochen, während Plasmastrahlen deine gereizten Netzhäute versengen. Beißender Rauch raubt dir den Atem, bevor du merkst, dass du es bist, der brennt. Toxische Gase verflüssigen deine Panzerung, bringen deine Augäpfel zum Sieden und verschmelzen deinen Helm mit deinem Schädel, derweil lebende Biowaffen dir die Eingeweide herausreißen und dich als zuckenden Haufen aus Blut und Innereien zurücklassen.
Im Fadenkreuz
Die Colonial Marines gehören wohl zu den ikonischsten Elementen des ALIEN-Universums. Nachdem sie 1986 erstmals in ALIENS das Licht der Kinoleinwand erblickt hatten, sind sie kaum noch wegzudenken. Sie erschienen nicht nur in den Filmen, sondern auch in Romanen, Videospielen – und nun auch im Rollenspiel. Die neueste Erweiterung für ALIEN – Das Rollenspiel widmet sich diesen verwegenen Weltraum-Soldaten. Im Colonial Marines Einsatzhandbuch erfahren wir nicht nur die Hintergrundgeschichte dieser Kampftruppe, sondern erhalten auch viel Input fürs Spiel – und sogar eine komplette Kampagne.
Dabei widmet sich das Buch einem bisher noch etwas vernachlässigtem Spielmodus: dem Kampagnenmodus. Anders als der cinematische Modus, der mehr oder weniger einen Alien-Kinofilm simuliert, baut der Kampagnenmodus auf dem Wunsch vieler Spieler auf, einen eigenen Charakter durch eine Vielzahl von Abenteuern zu führen, ihn Gefahren überwinden zu lassen, durch Erfahrung zu reifen – und, ja, auch bisweilen um ihn zu trauern, falls er eine heikle Mission nicht überlebte. Es gibt daher keine vorgegebenen Charaktere im Buch, keine bis ins Detail ausformulierten Szenarien, keine Motive und Ziele. Nur einen einzigen, fetten Baukasten für den Spielleiter.
Aber was genau erwartet uns in dem Werk?
Da es sich um einen Quellenband handelt, dürfen natürlich Fakten und Hintergründe nicht fehlen. Auf mehreren Seiten wird die Geschichte des ALIEN-Universums zusammengefasst, wobei der Fokus auf Scharmützeln und Kriegen liegt – von denen es wahrhaftig genug gab, seitdem der Mensch den Planeten Erde verließ. Biologische Kriegsführung, Androiden, geheime Forschungsanlagen, Firmenübernahmen und Wirtschaftskriminalität – all das gehört zur DNA des ALIEN-Universums und wird hier ausführlich behandelt.
Dann geht es ans Eingemachte. Wir erfahren etwas über Struktur und Zusammensetzung der Colonial Marines, beginnend von der kleinsten Größe, einem Zweimann-Team (Trupp), bis hin zum Oberkommando. Eine solche straffe Struktur birgt natürlich das Risiko, dass es auf unschöne Weise auf den Spieltisch durchsickert, dass ein Spieler die Befehlsgewalt aufgrund des Ingame-Rangs seines Charakters hat und anderen Spieler den Spaß am Spiel vermasseln könnte. Hier greifen die Autoren aber relativ schnell ein und betonen immer wieder, dass all dies nur Richtlinien sind. „Vergiss die Kommandokette und lass die Spieler über ihr eigenes Schicksal entscheiden“, raten sie dem Spielleiter und betonen: „Am Spieltisch sitzt kein Anführer; alle Spieler haben gleich viel zu sagen.“ Ein guter und im Zusammenhang dieses Themas notwendiger Hinweis!
Insofern ist der Aufbau einer Einsatzgruppe der Colonial Marines auch nur als Richtlinie zu betrachten. Klar: Wenn erstmal die erste ALIENS heranrücken und das Gesicht des Sergeants durch Säurespucke wegschmilzt, spielt die Einteilung in Trupps, Gruppen und Kompanien keine Rolle mehr: Jeder sieht zu, dass er seine eigene Haut rettet!
Langsam kommen die (für mich) interessanten Sachen
Das Erstellen eines Marines-Charakters. Die Charaktererschaffung aus dem Grundregelwerk wird hier etwas modifiziert, bleibt aber immer noch übersichtlich. So kann jeder Spieler eine MBS – Militärische Berufsspezialisierung wie Schütze, Feldsanitäter oder Sturmsoldat (neben vielen weiteren) wählen. Jeder Marine würfelt danach auf einer Tabelle namens Feldereignisse, um bisherige Erfahrungen im Einsatz zu simulieren. Dadurch steigen gewisse Werte oder man erhält besondere Erinnerungsstücke. Es gibt fünf neue Talente, die den Flair des Soldatenlebens rüberbringen und natürlich eine Startausrüstung – womit wir auch gleich bei der Hardware wären.
Im nächsten Kapitel wird die Ausrüstung beschrieben: ein kleines Arsenal neuer Waffen von der Dienstpistole bis zum Phasen-Plasma-Infanterie-Geschütz, Sprengstoffe, Spezialmunition und sogar chemische Waffe (verboten sind die nur auf der Erde…). Dazu kommen neue Schutzanzüge und Körperpanzerungen, praktische Werkzeuge und natürlich neue Fahrzeuge zu Boden, in der Luft und in Weltraum.
Das erste Drittel des Buchs ist problemlos auch für zukünftige Spieler lesbar, die sich hier einen Marine nach Lust und Laune zusammenbasteln können. Ab Seite 110 wechselt die Perspektive, und alles nachfolgende Material ist mehr oder weniger für den Spielleiter, pardon: die Spielmutter, gedacht.
Kapitel 7 beschreibt den Hintergrund einer Marines-Kampagne. Die Spieler sind hierbei Mitglieder der 33. Marineinfanterie-Sturmeinheit, Kilo-Kompanie, 2. Zug, der von der Conestoga-Fregatta USS Tamb’Itam aus operiert. Zunächst werden Hintergründe der Marineeinheit beschrieben: Hauptquartier, Ausstattung, berühmte Kommandanten, die verfügbaren Raumschiffe und natürlich die Tamb’Itam. In den nächsten Kapiteln werden eine Vielzahl typischer Systeme und Basen der Marines beschrieben, aber auch die Wahrheit hinter mancherlei Geheimprojekte und die aktuelle politische Lage im Grenzraumkrieg – alles Dinge, die ein kreativer Spielleiter zu einer stimmungsvollen Kampagne verwursten kann.
Aber Schluss mit diesem Philosophiemist
Du wirst bezahlt, um Befehlen zu folgen, nicht um Fragen zu stellen. Du bist ein Frontschwein (ist nicht persönlich gemeint), also: Impulsgewehr laden und sichern, Marine – du hast einen Job zu erledigen. Schütze die Bürger der Outer-Rim-Kolonien, ganz gleich, was es kostet.
Mögest du lange überleben, euer Mirko Bader