HeXXen 17:33 Schreiben im Schatten des Vesuvs
Das Königreich der Sonne – die Regionalia zum Königreich Neapel – ist derzeit im Collector’s Club vorbestellbar. In folgenden Werkstattbericht erläutert Autor Janik Holtkötter, wie es zu dem Buch kam, was ihn mit Süditalien verbindet und wie sich das Schreiben „im Schatten des Vesuvs“ entwickelte.
Im Laufe dieses Projektes haben sich viele Teile wie von selbst ineinandergefügt. Alles begann, als meine Verlobte und ich von einem Besuch ihrer Familie im apulischen Melendugno zurückkehrten. Wir waren gerade auf dem Rückweg vom Flughafen, als ich im HeXXen-Discord einen Aufruf von HeXXenmeister Mirko Bader las, in dem er nach Autoren für das Spiel suchte. Am nächsten Tag schrieb ich ihm eine Nachricht, noch ahnungslos, dass HeXXen sich bald im Rahmen des „Italienischen Sommers“ mit Italien befassen wollte. Mirko antwortete, ich sandte ihm einen Beispieltext und eine Themenliste.
Schon bald reifte die Idee zu einer Regionalia in Form eines Mini-PDFs für den Collector’s Club. Ich begann, Ideen zu sammeln und gemeinsam mit Mirko Schlagwörter zu entwickeln, die bei der Entwicklung des Beitrags von Bedeutung sein würden. Diese waren „Spinnen und Netze“, „Antike“ und „Brodeln im Untergrund“. Darauf aufbauend begann ich zu einigen Hintergründen und Orten zu recherchieren, stets mit den Schlagwörtern im Hinterkopf. So fügten sich viele Teile ganz von selbst zu einem Bild zusammen. So stellte sich beispielsweise heraus, dass das Königreich Neapel in den Jahren um 1640-1733 von vielzähligen Aufständen, Erdbeben, einer verheerenden Pestepidemie und einem der stärksten Ausbrüche des Vesuvs in der Neuzeit heimgesucht wurde – alles Erschütterungen die hervorragend zum Schlagwort „Brodeln“ passten. Gleichzeitig behauptete nahezu jede Stadt von sich, Tausende von Jahren alt zu sein, was perfekt zum Schlagwort „Antike“ passte.
Also schrieb ich eine erste Textprobe, orientierte mich dabei allerdings an den beiden Quellenbänden Deutsche Lande und Geheimnisse der Deutschen Lande. Das war allerdings nicht die Intention von Mirko, der ein Mini-PDF über maximal 30 Seiten im Sinn hatte. Allein mein erster Text umfasste bereits rund 60 Seiten … So war schnell klar: Aus dem Mini-PDF würde ein ganzes Buch werden.
Reiseführer Süditalien
Es reifte die Idee zu einer Art Reiseführer zu Süditalien, und ab Dezember begann die Arbeit an einem größeren Beitrag zum Königreich Neapel, während derer sich immer wieder die Dinge von selbst zusammenfügten. So stieß ich bei meinen Recherchen auf das Cimitero delle Fontanelle, unterirdische Katakomben in Neapel, angefüllt mit den Überresten tausender Toter – eine ideale Vorlage für einen Totenkult in der Welt von HeXXen 1733. Ich wollte Weiße Hexen einbinden? Die antik-römische Göttin Diana war nicht nur Göttin der Jagd, sondern hat auch eine Verbindung zur Hexerei und sogar der Hekate. Es sollte einen Machthaber im Zentrum und eine Begeisterung für die Antike geben? Im antiken Rom war der Kaiserkult üblich und ich wählte für die Königsfigur zufällig eine Adelsfamilie, die die Legende über sich verbreitete, vom oströmischen Kaiser Konstantin abzustammen. Schnell entstand ein passendes Gesamtbild.
Titel und ein neues Thema
Im frühen Januar war es Zeit, den Zwischenstand zu schicken, und kurz darauf begann die Suche nach einem stimmigen Titel für das Buch. Meine erste Idee, Mistico Mezzogiorno, fand der HeXXenmeister zu kompliziert, aber über Umwege kamen wir auf das Thema Licht und Schatten. Und erneut fügten sich die Puzzleteile wie von selbst ineinander, denn ich hatte die Familie Caracciolo del Sole als Herrscherfamilie definiert und das Land als Terre del Sole, zu deutsch: Königreich der Sonne.
Zu viel für ein Buch
Der Rest des Beitrags schrieb sich wie von allein. Die unglaublich reichhaltigen, italienischen Quellen und Geschichten schrien regelrecht danach, in die Welt von HeXXen aufgenommen und mit dem Übernatürlichen und Antiken verwoben zu werden. Das Motiv von Licht und Sonne passte hervorragend zum süditalienischen Lebensgefühl und der Vision eines Reiches, das seiner vergangenen Glorie nachtrauerte. Die musikalische Bedeutung Neapels, wie sie großartig von Christopher Weule im Beitrag Barockmusik dargestellt wird, lieferte eine perfekte Gelegenheit, auch andere Künste in der Stadt anzusiedeln. Zum Schlagwort „Brodeln“ entwickelten ich einen ewig wütenden Albenkrieg und band mit den Nanni Orcu und den Drachen (bzw. Viverne) weitere süditalienische Märchengestalten ein. Jedoch sollte aus auch friedfertige Wesen, mit denen die Menschen Pakte schlossen und Handel trieben – meist verborgen unter dem Schleier der Geheimhaltung.
So entstand bald das Bild eines Landstrichs, der 1733 auf den ersten Blick in mystisch-friedvoller Idylle schillert, bei allzu genauer Prüfung jedoch lange Schatten wirft, die angefüllt sind mit faulen Kompromissen und dubiosen Strippenziehern.
Geheimnisse Pompejis
Der zweite Teil der Regionalia, der die Geheimnisse der Region für die HeXXenmeisterin aufdeckte, war deutlich schneller geschrieben, da es nur noch darum ging, die schon in Grundzügen entwickelten Hintergründe niederzuschreiben. Auch für das Abenteuer fügte sich alles ineinander. Aufgrund der brodelnden Erde, der Begeisterung für die Antike und dem historisch naheliegenden Beginn der Grabungen von Pompeji, die für dieses Buch jedoch etwas zeitlich vorverlegt wurden, wuchs die Idee zu einem Abenteuer, das in Neapel sowie in der Grabungsstätte Pompeji, buchstäblich im Schatten des Vesuvs, spielen sollte.
Profession
Üblicherweise hat jeder Regionalia-Band eine oder zwei Professionen. Auch hier zog ich gemeinsam mit Mirko mehrere Ideen in Betracht, am Ende entschieden wir uns für die sogenannten Dianiden, Jäger, die die antike Göttin Diana verehren. Klassischerweise führen sie auf der Jagd nach den Kreaturen der Nacht die heilige Waffe der Diana, den Bogen, und verfügen über das Wissen, mithiflfe von Kräutern magische Tinkturen zu brauen.
Ich wünsche euch viel Glück dabei, den verworrenen Intrigen, mystischen Relikten und antiken Schrecken in der Düsternis zwischen dem goldenen Glanz des Regno del Sole nachzuspüren, und hoffe inständig, dass es mir gelungen ist, euch zumindest ein wenig mit meiner Passion für diese Region anzustecken.
Saluti Stregati,
Euer Janik Holtkötter